Ein Wald? Ein Garten? Was denn nun? BEIDES!
Ein Wald ist zunächst ein Gehölzsystem einer bestimmten Mindestgröße dessen Fläche mindestens 10% überschirmt wird. Ein eher extensives System. Der Garten dagegen ist eine eingegrenzte, vom Menschen intensiv genutze und gestaltete Fläche zur Produktion verschiedener Güter und Dienstleistungen.1
Der durchschnittliche Garten besteht eher aus einer zweidimensionalen Anordung von Beeten mit sporadischen Sträuchern und Bäumen antlang der Rasenkante, wobei Gemüsegärten meist separiert und monokulturell angelegt werden. Der Waldgarten dreht diese Gartenanordnung um. Hier befinden sich sorgfältig zusammengestellte Pflanzengemeinschaften unterhalb lockerer Baumkronen. Viele Prinzipien der Permakultur und regenerativen Landwirtschaft finden hier Anwendung.
In diesem dreidimensionalen Garten wachsen Wurzeln, Bodendecker, Gräser, Stauden, Sträucher, Kletterpflanzen und Bäume unterschiedlicher Ausmaße sehr dicht beieinander ohne sich gegenseitig zu behindern. So ensteht nicht nur für Pflanzen ein ideales Mikroklima, sondern v.a. Tiere, Pilze und Mikroorganismen finden hier einen Rückzugsort und Nahrung. Und genau wie der klassische Garten, produziert der Waldgarten Lebensmittel, Medizin, Zierpflanzen, Schnittblumen, Pflanzmaterial und einen wundervollen Ort zum Erholen.
Der Waldgarten ist ein Grundpfeiler der Permakultur. Er soll ein Ökosystem nachahmen, das Mensch und Tier mit all seinen Früchten ernähren und umpflegen kann. Der Großteil meiner Permakulturkollegen konzentriert sich dabei auf eine reine von Menschen essbare Pflanzenauswahl. Das Produkt Schnittblume ist in der Permakultur nie wirklich ein Thema.
Aber wovon ernähren sich Insekten wenn die Obstbaumblüte abklingt und bevor die Wiesen erblühen?
Und wie schließen wir die Nachhaltikeitslücke in der Schnittblumenproduktion wenn wir doch natürliche Produkte nicht nur im Bauch sondern auch im Bouquet erwarten?
Viele Pflanzengemeinschaften lassen sich in den Waldgartenebenen durch Zierpflanzen ergänzen. Viele davon sind auch essbar oder haben medizinische Wirkung. Beispiele dafür sind:
WURZELEBENE:
Doldenblüter/Karottenartige (Carota Dara, Wildmöhre, Liebstöckel, Pastinake, Petersilie), Blumenzwiebeln (Tulpen, Narzissen, Muscari, Hyazinthen, Ranunkeln, Anemonen, Lilien, Gladiolen, Allium), Pfingstrosen, Dahlien, Iris, Maiglöckchen, Topinambur
STAUDEN- & KRÄUTEREBENE:
Alle einjährige Schnittblumen wie Löwenmäulchen, Sonnenblumen, Zinnien, Kosmeen, Sommerrittersporn, Mohn und mehrjährige Stauden wie Lavendel, Rudbeckia/Sonnenhut, Distelartige (Eryngium, Echinops), Minzen, Salbei, Oregano, Basilikum, Fenchel, Artischocken, Schafgarben, Calendula, Kornblumen, Königskerzen, Rittersporn, Astilben, Fetthenne/Sedum, Fingerhut, Hosta, Schleierkraut
STRAUCHEBENE:
Rosen, Beerengehölz (Himbeeren, Brombeeren, Johannisbeeren), Rosmarin, Weiden, Hartriegel, Spieren, Flieder, Hortensien, Weigelien, Forsythien, Buchsbaum
NIEDERSTAMMEBENE:
Zierapfel/Apfel, Zierquitte/Quitte, Zierkirsche/Kirsche, Wildpflaume/Pflaume, Perückenstrauch, Weiden, Maulbeeren, Vogelbeeren, Wacholder, Felsenbirne, Cornelkirsche, Hasel, Buche
HOCHSTAMMEBENE:
Linde, Robinie, Koniferen, Eiche, Kreppmyrte, Kastanie, Maulbeere, Birne, Kirsche, Birke, Weiden
VERTIKALE EBENE:
Bohnenartige (Stangenbohnen, Duftwicken, Hyazinthbohnen, Flügelbohnen, Platterbsen), Tomaten, Kürbisse und mehrjährige Kletterer wie Kiwi, Rosen, Clematis, Blauregen, Echter Jasmin, Efeu
Die Auswahl an Schnittblumen ist gigantisch und deswegen auch sehr unüberschaubar für den klassischen Gemüsegärtner. Blumen gehören aber dazu und geben Nahrung für Bestäuber wenn die fruchtbringenden Pflanzen noch keinen Nektar anbieten können. Sie schließen so den Nahrungskreislauf der Insekten, Vögel und Reptilien im Verlauf des Jahres und verhindern Hungerperioden, v.a. im frühen Sommer und in Gegenden mit übermäßiger Maataktivität.
UND DAMIT VIELE GRÜSSE AUS DEM FLORALEN WALDGARTEN!
EURE
Kitzingen, den 18. November 2022